Brooms Down IV

Respekt

“Und wenn wir ehrlich sind, sind die meisten Refs in Deutschland, ja sogar Europa inkompetent.” Mit diesem Satz endet der erste Absatz von Brooms Down I. Und ich stehe voll zu diesem Satz. Dass ich als Spieler nicht mehr aktiv bin hat auch damit zu tun, dass ich bei fast jedem Spiel von der Ref-Qualität frustriert bin. Was bedeutet das aber für uns als Schiedsrichter? Wie gehen wir selber damit um?

Zunächst einmal ist das Wichtigste, dass wir unter keinen Umständen aufhören einander zu respektieren, wenn wir gemeinsam auf dem Pitch stehen. Als HR kann ich nicht alles überblicken, ich muss mich daher darauf verlassen, dass meine AR Dinge sehen und mir sagen. Umgekehrt müssen meine AR wissen, dass ich ihre Meinung respektiere und ihre Calls entsprechend umsetze.

AR/SR zu HR:

Ein Spiel wird vom HR geleitet. Er hat also das letzte Wort. Wenn er ein Foul anders ahndet, als ihr es getan hättet oder vorgeschlagen habt, ist das seine Entscheidung. Vielleicht legt er eine Regel anders aus als ihr und kommt daher zu einer anderen Bewertung der Situation. Das ist sein Recht und das solltet ihr respektieren. Ihr solltet nicht annehmen, dass der HR euch nicht vertraut, nur weil er einen Call anders handhabt, als ihr es tun würdet. Am besten redet ihr nach dem Spiel über die verschiedenen Interpretationen, vielleicht hilft das euch beiden zu einem insgesamt besseren Verständnis zu gelangen.

AR/SR zu AR/SR:

Wichtig ist aber auch die Beziehung zwischen den AR. Wenn ein anderer Referee eine Situation betrachtet, habt das Vertrauen, dass er das hinkriegt. Doppeltes Beobachten einer Situation ist meist nicht sinnvoll (vgl. Brooms Down I).

HR zu AR/SR:

Das ist wohl die schwierigste und zugleich wichtigste Beziehung in dieser Hinsicht. Als HR ist es einfacher keinen Respekt zu haben, schließlich ist man selber der HR mit einiger Erfahrung und auf der anderen Seite steht nur ein kleiner AR, der nichtmal eine HR-Zertifizierung hat.

Das ist die absolut falsche Herangehensweise. Eure AR verdienen euren Respekt, sie stellen sich mit euch auf das Feld und arbeiten euch zu. Wer schon einmal ein Spiel ohne AR reffen musste, weiß auch, dass es nicht möglich ist, das Beater-Spiel alleine zu überblicken. Klar, vielleicht sieht man mal ein Foul, aber dabei bleibt es dann auch. Darüber hinaus ist ein HR zu sein weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für einen guten AR.

Unter Umständen kennt man als HR seine AR schon, kennt ihre Fehler oder weiß von ihrer Unerfahrenheit. Gerade dann ist es besonders wichtig, dass ihr ihnen vertraut und zeigt, dass ihr ihre Entscheidungen respektiert. Denn gerade diese AR haben oft nicht das nötige Selbstbewusstsein (vgl. Brooms Down III). Im Idealfall gebt ihr ihnen nach einem Spiel respektvoll Feedback.

Ich erinnere mich noch an die Deutsche Meisterschaft 2017. Es war kurz vor den European Games 2017 und ich wurde gebeten zu den deutschen Refs Rückmeldung zu geben. Auf meiner Liste stand eine Schiedsrichterin von der ich wusste, dass sie noch sehr unerfahren war. Ich hatte sie am Samstagmorgen in einem Spiel als AR. Sie war nicht schlecht. Ich habe ihr ein paar Sachen gesagt, an denen sie noch vor den European Games arbeiten sollte. Am Sonntag standen wir nochmal gemeinsam auf dem Feld und sie hatte sich unglaublich verbessert und das Feedback richtig gut umgesetzt. So gut, dass ich sie gleich in das Finale der DM mitnahm.

Jetzt, ein Jahr später, ist sie zwar immernoch kein HR, aber sicherlich eine der Top AR in Europa. Nicht umsonst hat sie bei den EG im Halbfinale einen der AR-Spots bekommen.

Es ist egal, ob eure AR HR-zertifiziert sind, sie können davon unabhängig tolle AR sein. Es ist egal, ob eure AR super viel Erfahrung haben, sie können davon unabhängig tolle AR sein.

Respektiert euer Refteam. Ein Ref mag nicht gut sein, aber vielleicht wird er es mit etwas Feedback. Respektiert das Potential. Respektiert, dass sie sich verbessern wollen. Respektiert, dass sie euch helfen.

Sobald ihr gemeinsam als Team auf dem Feld steht, müsst ihr euch vertrauen. Nur so können wir zusammenarbeiten und einen erfolgreichen Spielablauf gewährleisten. Dafür sind wir da und das schulden wir uns, den Teams und allen Beteiligten.

Gezeichnet,

Lord Commander

Editorial: Brooms Down ist eine Serie von Niklas Müller, der als zertifizierter Headref und Fieldtester auf Erfahrung aus nationalen und internationalen Turnieren zurückgreifen kann.

Hintergrund- und Artikelbild: Ajantha Abey Quidditch Photography