Das Ding mit den Verletzungen

Teil 2: Was können wir tun?

Nachdem wir nun Bescheid wissen, was alles passieren kann, geht es dieses Mal darum, was wir dagegen tun können. Um unseren geliebten Sport sicherer zu machen, müssen in den folgenden Jahren zwei Dinge getan werden: Prävention und Beobachten.

Zunächst kurz etwas zum Thema Observation. Für die Etablierung und Weiterentwicklung einer neuen Sportart ist es wichtig, Daten zu Krankheitsfällen zu erheben. Wie häufig erfolgt welche Verletzung? In welcher Spielsituation passieren Unfälle? Beim Tackeln (extrinsisch) oder vielleicht doch eher weil eine Person plötzlich umknickt (intrinsischer Mechanismus). Sind Chaser mehr gefährdet als Beater? Informationen wie diese gilt es zu sammeln. Attention! Wir können alle dazu beitragen! Für sich selber und für die Wissenschaft: Haltet fest in welchen Situationen ihr euch verletzt. Und wenn es nur eine Prellung ist.

In Großbritannien wurde bereits begonnen solche Unfalldaten zu sammeln (Pennington et al., 2017). Dadurch kann Quidditch mit bekannten Sportarten wie Rugby verglichen und festgestellt werden, wie sicher bzw. gefährlich unser geliebter Sport wirklich ist. Langfristig können so neue Regeln eingebaut werden, um das Spiel angenehmer zu gestalten.

Der zweite und wohl wichtigere Aspekt lautet Prävention. Auch hier gibt es wieder verschiedene Unterpunkte welche in der Jahrestrainingsplanung berücksichtigt werden sollten. Sie beinhaltet nicht nur die Vorbereitung on pitch sondern ist auch langfristig bzw. nach bereits bestehender Verletzung/Vorerkrankung für jeden Einzelnen extrem wichtig (Sekundärprävention).

Nun, was schützt denn wirklich vor Verletzungen?

Beim Quidditch ist Erwärmen das A und O (im Übrigen auch für Refs sinnvoll). Achtet dabei besonders auf Nacken, Finger und Sprunggelenke. Ich kenne das selbst, dass die Motivation nicht immer hoch ist und man einfach auch mal keinen Bock hat, an einem Turniertag sich zum zehnten Mal aufzuwärmen. Aber es macht schon Sinn. Vor allem wenn der Körper sowieso schon müde ist, passieren gehäuft Unfälle.

Gerade weil Quidditch auf so vielen Sportarten basiert, können wir ganz entspannt auf andere Ressourcen zurückgreifen. Zu nennen sind hier aus dem Fußballbereich das „FIFA 11+“ Programm (www.dfb.de) sowie aus dem Rugby-Milieu das „RugbySmart“ (www.rugbysmart.co.nz). Diese Programme haben Effektivität bewiesen (Thorborg et al., 2017) und beinhalten sensomotorisches Training, einfache Koordinations- und Sprungübungen, welche sich super ins Training einbauen lassen.

Welche Leute spielen Quidditch? So leid es mir tut, es ist ein bunter Mix aus Extremsportlern bis hin zu völligen Couch Potatoes. Auch der „krasse Sportler“ wird seine Problemzonen haben (Überbelastung, Dysbalancen, etc.), aber ein gewisser Grad an allgemeiner Fitness ist definitiv notwendig und bereitet euch besser auf extreme Situationen vor. Es macht auch Sinn (und Spaß) Tackling und Fallen konkret zu üben. Trainiert individuell! Stabi- und Dehnübungen sind nicht schwer und kann man auch zuhause machen! Auch die Nackenmuskulatur ist trainierbar und lässt sich ganz wunderbar in einen Netflix-Abend integrieren. Man bedenke, dass wir alle nicht mehr die Jüngsten sind (zumindest ich und die anderen Rentner beim Phoenix ☹).

Ein paar Worte bzw. Tipps zum Equipment: Verwendet entsprechende Schuhe. Je nach Rasenform (Kunstrasen vs. „normaler Rasen“) sollten entsprechende Stollen-, bzw. Noppenschuhe verwendet werden. Hey... mit normalen Turnschuhen tut ihr euch keinen Gefallen!

Ungeschickt, ekelhaft, hässlich, aber extrem wichtig und Gott sei Dank auch im Rulebook verankert: Mundschutz. Jürgen Vogels Zahnlücken sind zwar nice, aber vielleicht nicht für jeden was...

Von Schoner über Bandagen zu Protektoren-Unterwäsche – es gibt unglaublich viele Produkte auf dem Markt die hilfreich sein können.

Diskussionsfähig ist, ob tatsächlich Helme verwendet werden sollten. Leider zeigt die aktuelle Studienlage zwar eine Abnahme der Aufprallkräfte, aber keine eindeutige Evidenz zur Verringerung von Gehirnerschütterungen (McCrory et al., 2013). Aber die Zukunft wird zeigen, was die Technik bringt und wie die IQA reagiert.

So. Und nun das populärste Thema. TAPE. Spätestens durch Familie E. ist der bunte Hype auch in der Quidditch Community angekommen. Absolut GEIL und ein dickes Dankeschön hierbei. Auch wenn die Studien (zumindest hinsichtlich Kinesiotape, Sporttape ist eine andere Geschichte) tatsächlich anderes sagen, I am PRO Taping! Meiner Meinung nach hilft es und selbst wenn es nur der Placebo Effekt ist. Vor allem Leuten mit schwachen Bändern oder Vorverletzung empfehle ich präventiv zu tapen oder eine entsprechende Bandage zu tragen. Männern rate ich zu pinkem Tape, hilft der Aura und vielleicht könnt ihr ja noch eine nette Nachricht an eure gegnerische Flamme darauf notieren. #noonecares

Zu guter Letzt noch etwas anderes: Respekt auf dem Spielfeld. Es ist toll, dass so viele unterschiedliche Menschen – groß klein dick dünn Mann Frau Transgender Lauch - auf dem Spielfeld stehen. Aber vielleicht muss man nicht unbedingt den Facebeat geben, wenn man den Gegner auch anders raushauen kann. Es muss auch nicht sein, dass man den gegnerischen Mitspieler umrennt wie ein Trampeltier, vor allem, wenn man selbst dem anderen körperlich überlegen ist. Eine Ameise wird nie eine Chance gegenüber einer Dampfwalze haben.

Und nun das Wort zum Sonntag: Erkennt eure Schwächen, arbeitet daran und habt keine Angst vor Verletzungen! Quidditch for Olympia!

Cheers

Carina

Editorial: Vielen Dank an Carina für diesen Beitrag! Als Chaserin und quasi-Team-Physiotherapeutin steht sie uns auf und neben dem Pitch stets mit vollem Herzblut zur Verfügung!

  • Quellen:
    • McCrory, P., Meeuwisse, W. H., Aubry, M., Cantu, R. C., Dvořák, J., Echemendia, R. J., . . . Raftery, M. (2013). Consensus statement on concussion in sport: the 4th International Conference on Concussion in Sport, Zurich, November
      1. Journal of athletic training, 48(4), 554-575.
    • Pennington, R., Cooper, A., Edmond, E., Faulkner, A., Reidy, M. J., & Davies, P. S. E. (2017). INJURIES IN QUIDDITCH: A DESCRIPTIVE EPIDEMIOLOGICAL STUDY. Int J Sports Phys Ther, 12(5), 833-839.
    • Thorborg, K., Krommes, K. K., Esteve, E., Clausen, M. B., Bartels, E. M., & Rathleff, M. S. (2017). Effect of specific exercise- based football injury prevention programmes on the overall injury rate in football: a systematic review and meta- analysis of the FIFA 11 and 11+ programmes. Br J Sports Med, 51(7), 562-571. doi:10.1136/bjsports-2016-097066