Den meisten Quidkids in Deutschland ist sicher Ruhr Phoenix TV ein Begriff und falls ihr euch fragt, wieso Toni immer so angespannt auf Fotos guckt, könnt ihr euch die Frage vielleicht selbst beantworten, wenn ihr wisst, wie es hinter den Kulissen abläuft. Alles begann als ein kleines Projekt, um unsere Liga-Spieltage zu streamen und so die Bekanntheit von Quidditch allgemein und unserer geliebten NRW-Liga in Deutschland etwas voranzutreiben. Dieses kleine Projekt hat sich besonders im letzten Jahr ziemlich entwickelt. Vom Streamen der NRW-Liga-Spieltage zum Eispokal zum EQC und sogar zum WorldCup in Florenz war alles vertreten. Ihr könnt euch vielleicht denken, dass sich damit auch das ganze Drumherum weiterentwickelt hat. Während zunächst die größte Arbeit während der Übertragung stattfand, nimmt inzwischen die Vorbereitung einen größeren Teil der Zeit in Anspruch, damit während der Spiele alles mehr oder weniger funktioniert. Heute möchten wir euch einen kleinen Einblick in dieses Drumherum gewähren und vielleicht sehen wir uns schon beim nächsten Turnier im Gewusel rund um den Stream wieder. Wir orientieren uns hierbei am World-Cup in Florenz, bei kleineren Turnieren sieht der Ablauf etwas anders aus.
Die Zeit vor einem Turnier ist wie die Zeit vor einer Klausur. Man bereitet sich so gut vor, wie es nur geht, um dann am gewünschten Termin alles zu zeigen, was man drauf hat und das bestmögliche Ergebnis abzuliefern.
Bewerbung
Aber alles beginnt mit der Bewerbung und einer groben Kostenkalkulation. Anreise, Equipment, Unterkunft. Danach richtet sich das Angebot. Denn wie ihr euch sicher denken könnt, ist das ganze Setup, dass am Veranstaltungstag aufgebracht wird, ziemlich teuer. Hinzu kommen Versicherungen für den Auslandsaufenthalt, im Falle einer Beschädigung (weil z.B. auf der Fahrt zum Veranstaltungsort einen Unfall haben könnten, bei dem eine Kamera o.ä. zu Bruch geht). Die Bewerbung beinhaltet natürlich auch noch ein Anschreiben in der wir dem Turnier-Komitee darlegen, warum wir für diesen Job geeignet sind. Sobald feststeht, dass wir für die Übertragung gebucht werden, fängt die richtige Planung an.
Reiseplanung
Wie bei jeder Reise müssen bei einem Wochenendevent, welches so weit entfernt ist wie Florenz oder Pfaffenhofen, Unterkunft und Anfahrt gebucht werden. Beim EQC hat ein Golf gerade noch gereicht, aber nach Florenz mussten wir mit einem Kombi fahren und aufgrund des vielen Equipments wurde es dennoch mehr als kuschelig auf der Rückbank. Fliegen, Zug oder Fernbus kommen daher überhaupt nicht in Frage. Als Unterkunft bietet sich alles an, wo wir das Equipment sicher aufbewahren könnten und wo die „Hauptcrew“ des Streams schlafen kann. Beim Worldcup teilten wir uns zu viert ein AirBnB, dass zur absoluten Technikhöhle umgewandelt wurde.
Technikplanung
Eine Menge Equipment besitzen wir schon selbst, aber bei weitem nicht das, was wir zum WorldCup dabei hatten. Also musste zunächst ein Plan gemacht werden, was wir brauchen (siehe Punkt 1. Bewerbung) und anschließend Angebote von Verleihern eingeholt werden, um bestmögliche Qualität zum möglichst niedrigen Preis zu bekommen. In Florenz liehen wir uns die beiden Hauptkameras, einen Videomixer und ein Audiomischpult (und eine Menge Kabel und Kleinkram). Außerdem hat Till nebenbei noch ein neues Scoreboardprogramm geschrieben und Toni die Frage mit der Internetverbindung in Italien geklärt und die Begebenheiten am Pitch mit der Turnierorga abgestimmt. Toni stand über zwei Monate hinweg mehr oder minder mit der gesamten Turnierorga in Kontakt und ist denen mit verschiedenen Punkt auf die Eier gegangen. Dazu zählen z.B. das Organisieren von Bühnenelementen, die Internetverbindung mit der Turnierorga abklären, auf welchem Pitch wir streamen, welchen Regenschutz wir brauchen und noch allerlei weitere nicht Technik- oder Equipment-relevante Dinge.
Eventplanung
Der nächste und vermutlich der wichtigste Schritt, damit die Zuschauer mit dem Stream zufrieden sind, ist die Planung des Livestreams an sich. Dies geht Hand in Hand mit der Turnierplanung und dient u.a. der Abklärung der folgenden Fragen:
Welche und wie viele Volunteers bekommen/brauchen wir?
In Florenz brauchten wir Leute für die beiden Kameras, je eine für den Videomixer und für den Computer (für Replays und Scoreboard), 2 Kommentatoren, 1 Host, 2 Analysten und entsprechende Interview- oder Gapfillerpartner. Insgesamt waren das fast 10 Personen pro Slot und viele von denen können nicht mehr als 2 mal hintereinander eingesetzt werden, wie z.B. alle Sprechrollen. Beim World Cup hatten wir insgesamt über 40 Volunteers plus die Gapfiller-Partner, die wir einteilen mussten. Unsere Google Tabellen wurden immer größer und am Ende haben wir diese treffend nur noch “Monster” genannt. Dabei muss abgestimmt werden, wann welche Personen Zeit haben und ein Plan aufgestellt werden und den Volunteers rechtzeitig mitgeteilt werden, wann sie wo gebraucht werden. Wenn wir zu wenig Leute haben, wird bei uns an der Werbetrommel gedreht.
Welche Vereine spielen?
Im Vorfeld müssen von allen Vereinen Informationen eingeholt werden. Beginnend mit dem Logo (welches dann im Scoreboard während, bzw in der Preview vor dem Spiels zu sehen ist), über die Spieler*innenliste (inkl. Gender), bis zu einem Fragebogen, damit unsere Kommentatoren auch Background zu den Teams und den Spieler*innen bekommen. Hinzu kommt, dass auch wir im Vorfeld etwas Background brauchen, um die Stärke der Teams etwa einschätzen zu können, um anhand dessen zu entscheiden, welche Begegnungen spannend werden könnten.
Wie sieht das Layout aus?
Die Orga entwirft ein Design für das Turnier, also ein Logo und die Farbauswahl, die für Social-Media-Posts und ähnliches verwendet wird. An dieses Design sollte sollte sich auch das Design des Livestreams orientieren und so werden für jedes Turnier eigene Grafiken entworfen (wie z.B. die Turnierübersicht, die Schriftarten, der Übergang zu den Replays und teilweise sogar unser Scoreboard werden einzelnen den Begebenheiten angepasst). Es sind Kleinigkeiten, die kaum auffallen, aber zu einem runden Gesamtbild beitragen. So war zum Beispiel bei der Weltmeisterschaft der Winkel in dem das Scoreboard abgeschrägt war, der gleiche, wie beim Turnierbaum, der zwischen den Spielen eingeblendet wurde. Die Logos der Vereine müssen im Vorfeld auf ein einheitliches Maß gebracht werden, damit sie sich problemlos ins Programm einfügen lassen und die Trikotfarben müssen der Form des Scoreboards angepasst werden.
Welche Begegnungen zeigen wir?
Ihr habt euch sicher schon mal gefragt, wonach entschieden wird, welche Spiele wir übertragen und welche nicht. Auf einem Turnier wird normalerweise nur ein Pitch gestreamt. Bei einer durchschnittlichen Anzahl von 6 Pitches, zeigen wir also nur eine von sechs Begegnungen. Gerne würden wir mehr zeigen, aber selbst das direkt daneben liegende Feld zu filmen, würde den Aufwand extrem steigern und ist auch limitiert z.B. von der maximalen mobilen Datengeschwindigkeit die man vor Ort bekommt und nein, WLAN ist keine Alternative ;-) Also haben wir die Wahl aus sechs Spielen, sobald der Spielplan feststeht. Naja, zu sagen, wir haben die Wahl, ist vielleicht ein bisschen zu viel gesagt. Denn selbstverständlich müssen wir auch den Interessen der Turnierorga entsprechen. Aber bevor der Spielplan an die Öffentlichkeit ging hatte Toni regen Kontakt mit der Turnierorga über die Auswahl der Spiele. Wichtig ist uns vor allem, dass die Teams ausgeglichen sind. Niemand möchte eine Vernichtung von 500* : 0° sehen. Gleich starke Teams versprechen da viel mehr Spannung! Zudem wollen wir möglichst vielen Teams und Regionen die Möglichkeit geben, sich im Stream zu präsentieren. Wenn allerdings eine Topbegegnung wie USA - Australien zwei Mal im Turnier vorkommt, zeigen wir sie auch zwei Mal. Selten bekommen wir Kritik für die Spiele, die wir zeigen, häufig jedoch für Spiele, die wir nicht zeigen. Es wird immer Vereine geben, die wir an einem Wochenende leider nicht zeigen können, während andere zwei oder sogar dreimal im Stream zu sehen sind.
Wenn wir am Turnierort ankommen, ist im Optimalfall vieles der Arbeit schon getan, doch es heißt noch lange nicht, dass wir entspannen können. In Florenz kamen wir am Mittwochabend an. Den gesamten Donnerstag verbrachten wir in unserer Wohnung und bauten die komplette Technik auf und überprüften die Funktionstüchtigkeit und ob wir auch wirklich nichts vergessen hatten. Es ist besser, so etwas vorher festzustellen und es noch kaufen zu können, anstatt am Tag selbst plötzlich nicht bereit zu sein. Als beim EQC Samstagmorgen eine Kamera nicht funktionierte, war das alles andere als stressfrei ;-)
Abends fuhren wir zum Platz und machten uns mit den Begebenheiten vertraut und konnte noch letzte Fragen mit den Organisatoren klären. Zum Beispiel betreffend der genauen Lage des Livestreams und des Umzugs vor dem Spiel um den dritten Platz. Außerdem konnten wir noch überprüfen, ob das Stromkabel ausreichend lang ist und ob wir unser Equipment in der Nacht von Samstag auf Sonntag gut lagern können.
Nachdem unsere Hauptcrew am Donnerstagabend komplettiert war, wurde Freitag weiter gearbeitet, Probleme gelöst und das Licht der Sonne nicht gesehen. Zumindest bis zum Nachmittag. Bei einem leckeren Eis lernten wir einen Teil unserer Volunteers kennen und konnten denen eine generelle Übersicht über den Ablauf jedes einzelnen Slots geben und was wir uns von den jeweiligen Positionen wie Kommentator oder Analyst vorstellen sowie im Vorfeld die wichtigsten Fragen persönlich klären, da während jedes Turniers im Grunde alle etwas von Toni wollen und er die Ansprechperson Nummer 1 ist, war es eine gute Idee, so ein Treffen vor dem Turnier stattfinden zu lassen.
Am Samstagmorgen beginnt unsere Arbeit bei jedem Turnier schon sehr früh. Etwa 3 Stunden vor dem ersten Spiel beginnen wir mit dem Aufbau. Also sind wir etwa um 6:00 Uhr am Platz, wenn das erste Spiel für 9 Uhr angesetzt ist, schleppen das Equipment von A nach B und starten dann mit dem Verkabeln. Zu dem Zeitpunkt haben wir für gewöhnlich noch keine Volunteers und das Erklären des Setups würde wahrscheinlich auch länger dauern, als es selbst zu machen.
Nach und nach kommt dann Fahrt auf. Wie das Ganze während des Turniers abläuft, lässt sich relativ gut mit einem Bienenstock vergleichen. Die Volunteers kommen und gehen und je besser sie im Vorfeld wissen, was ihre Aufgabe ist, desto stressfreier läuft es ab. Es ist ein ständiges Ein und Aus und nur die Wenigsten bleiben für mehr als ein Spiel am Stück bei uns. Daher ist es wichtig, dass wir eine feste Stamm-Crew haben, die recht gut eingespielt ist und auf mehreren Positionen fehlende Volunteers ersetzen können und sich ein bisschen um den Chat kümmern, um Fragen zu beantworten oder die zuständige Person über Probleme aufklären kann, damit diese möglichst schnell behoben werden können.
Auch freuen wir uns immer besonders, wenn Leute, die schon mal beim Livestream geholfen haben, wieder ihren Weg zu uns finden. Denn dann haben wir mehr Zeit, den Neulingen zu erklären, wie die Sachen funktionieren. Samstagabend heißt es abbauen im Schnelldurchlauf. Es wird nur so viel abgebaut, wie nötig, um alle Sachen zu verstauen und am nächsten Morgen wieder möglichst schnell aufzubauen.
Man könnte denken, dass Sonntag der chaotischere Tag ist. Die Spiele stehen alle erst sehr kurzfristig fest und die Volunteerplanung geht daher drunter und drüber. Wir haben aber inzwischen die Erfahrung gemacht, dass der Sonntag eher der ruhigere Tag ist. Die Technik läuft nach ersten hiccups am Samstag und der Lösung dieser meistens problemfreier. Zudem sind die Volunteers immer sehr engagiert und bleiben oft länger bei uns, als wir sie eingeteilt haben und übernehmen freiwillig noch weitere Aufgaben. Für uns ist dieses Verhalten natürlich nicht nur sehr praktisch, sondern auch ein unglaublich gutes Feedback. Wenn sich die Leute wohlfühlen, machen wir anscheinend etwas richtig.
Am Sonntagabend heißt es dann abbauen. Und zwar so ordentlich, dass wir alles wieder ins Auto bekommen. In Florenz waren wir so ziemlich die letzten, die um 23 Uhr den Pitch verließen.
Jedes Turnier ist anders und mit jedem lernen wir etwas dazu. Wir freuen uns über Komplimente genauso wie über konstruktive Kritik. Aber am Meisten freuen wir uns über das Feedback der Volunteers und wenn sie beim nächsten Mal wieder dabei sind. Hinter dem Livestream steckt eine Menge Arbeit und es ist vor allem Toni, der nicht nur sein Geld, sondern auch sein Herzblut in Ruhr Phoenix TV legt. Aber mit wenig Schlaf und einer Menge Stress vor und während des Wochenendes, kann man seinen angespannten Blick vielleicht ein bisschen besser verstehen.
Editorial: Dieser Beitrag wurde von Monique Renk, Vizepräsidentin des DQB und Mitglied von Ruhr Phoenix TV und Toni Zimpel, bekannt aus seiner Kolumne und ebenfalls Mitglied von Ruhr Phoenix TV, verfasst.