Goal Judges - Unsere Freunde und Helfer

Sie stehen unscheinbar und manchmal etwas verloren wirkend an den runden Seiten unseres klassischen Quidditchpitches, schauen je nach präferiertem Stil entweder verträumt auf das Quaffelspiel oder mit starrem Blick und hoher Seriosität auf die drei Ringe: unsere guten, lieben Goal Judges.

Richtig: "Judges", nicht "Refs", denn Goal judges (auf deutsch würde mir analog zu anderen Sportarten die Direktübersetzung "Torrichter*innen" gut gefallen) sind keine zertifizierten Schiedsrichter. Das ist deswegen von Vorteil, da unserem Sport leider an allen Ecken und Enden die qualifizierten Schiedsrichter fehlen und diese Aufgabe von Freiwilligen, ohne großen Lernaufwand, ausgeführt werden kann. Die mangelnde Zertifizierung ist aber gleichzeitig von Nachteil, da oftmals Zeit und Feingefühl fehlen den Torrichter*innen ihre Aufgabe zu erklären. Nehmen wir uns die Zeit also einfach mal jetzt. Bevor mich Leute an Mikrofone, Presseverteiler und Twitteraccounts geschoben haben, um als Kommentator und Pressesprecher unseren schönen Sport zu unterstützen, war meine Hauptaufgabe als Volunteer nämlich tatsächlich die eines Torrichters.

In den Regeln sind die Aufgaben der Torrichter*innen relativ schnell erklärt. Im Direktzitat lauten sie: "Indicating whether a quaffle passing near the hoops is to be ruled as good or no good", "Fixing any hoops that are broken or dislodged while play continues, so long as it does not interfere with play" und "Retrieving a dead quaffle (after a goal is scored) if it is out of play, inaccessible to players, or needs to be returned to the keeper". So weit, so simpel.

Die erste Aufgabe ist die Hauptaufgabe. Logisch, immerhin steht das Wort "goal" schon in der Bezeichnung drin. Ein Abstand ist in den Regeln nicht definiert. Die Anweisungen, die Torrichter*innen von ihren Schiedsrichter*innen meist bekommen, schwanken dementsprechend. Von "So nah wie du dich traust" bis "Eigentlich egal, Hauptsache du siehst alles" wurde mir persönlich schon fast alles mitgeteilt. Eine gute Distanz ist meist der halbe Weg zwischen Goal line und Soft boundary hinter dem mittleren Hoop. Sobald sich Trolle hinter die Hoops bewegen, ist es dann notwendig ein paar Schritte nach hinten bis zur Soft boundary zu machen. Obwohl wir Torrichter*innen keine Schiedsrichter*innen sind, gilt hier nämlich auch der klassische Grundsatz, der in allen Sportarten gleich ist: Sei nah genug dran, dass du alles siehst, aber steh' dem Spiel nicht im Weg.

Um anzuzeigen, ob ein Ball durch einen der Torringe ging, haben sich folgende Handzeichen eingebürgert: Bei Ja, beide Arme pfeilgerade nach oben. Bei Nein, mit beiden Armen eine Wischbewegung machen, die Hände ungefähr auf Hüfthöhe. Durch die eindeutig unterschiedliche Position der Hände sieht der*die Schiedsrichter*in nämlich bereits auf den ersten Blick, ob der Ball durch die Ringe ging, selbst wenn ihm*ihr die Sicht verdeckt war.

Entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens (speziell unter Spieler*innen, die frustriert sind, wenn ein Tor aufgrund eines gelungenen Beats nicht gegeben wurde), zeigen die Torrichter*innen dabei aber nicht an, ob ein Tor gültig ist oder nicht, sondern nur ob ein Ball durch die Ringe ging. Um zu entscheiden, ob ein Tor gültig war, bräuchten sie nämlich eine Schiedsrichterausbildung, die sie nicht haben. Es hat sich eingebürgert, dass erfahrenere Torrichter*innen in solchen Fällen zwar die Arme in die Höhe recken dabei aber gleichzeitig durch heftiges Kopfschütteln andeuten, dass das Tor ungültig ist. Dies ist streng genommen von den Regeln aber nicht gedeckt.

Die Zweitaufgabe der Torrichter*innen ist es Tore, die im Spiel umgeworfen oder aus Verankerungen gehoben worden sind, wieder aufzurichten und in Ordnung zu bringen, sobald sich das Spielgeschehen in die andere Richtung verlagert hat. Weil je nach Spielstil und -geschwindigkeit dazu manchmal nur kurz Zeit bleibt, kann es hierfür notwendig sein schnell zu handeln. Unter Umständen macht es auch Sinn sich die Hoops vorher kurz anzusehen und sich damit vertraut zu machen, wie diese aufgebaut sind. In den meisten Fällen ist der Aufbau aber eindeutig.

Aufgabe drei ist etwas verzwickter. Quaffel, die nach Torerzielung quer durch die Weltgeschichte fliegen, abzufangen ist mit einer gewissen athletischen Leistung verbunden, die nicht alle Torrichter*innen zu leisten imstande sind. Wenn aber nur ein*e Torrichter*in die Quaffel rechtzeitig abfangen kann, der*die andere jedoch nicht, ergibt sich für das Team ein strategischer Vorteil, welches von schnellerer Quaffelrückgabe profitiert. Quaffel, die bereits vom Spielfeld gerollt sind, sind de facto aber immer Aufgabe der Torrichter*innen, sofern nicht bereits ein*e Spieler*in dem Quaffel hinterherläuft. Entgegen eines unter manchen Beater*innen verbreiteten Irrglaubens, sind vom Feld gerollte Bludger nicht die Sache der Torrichter*innen.

Wer bereits vor einem Turnier als Torrichter*in eingeteilt wird, kann sich das Leben mit ein paar Mitbringseln deutlich einfacher machen: Eine Schirmkappe oder eine Sonnenbrille - um auch bei eventueller tief stehender Sonne noch immer die nötige Klarheit der Sicht zu haben - und ähnlich wie für's normale Spielen Sonnencreme und Wasser. Eine mitgebrachte Wasserflasche darf natürlich nicht im Feld liegen und muss außerhalb der Hard Boundary platziert werden. Die Wasserzufuhr kann dann, sofern keine Hoops zu richten sind, in Spielunterbrechungen schnell erledigt werden. Des Weiteren empfiehlt es sich - ähnlich wie für Schiedsrichter*innen - neutrale Oberbekleidung mitzunehmen. Als Torrichter*in im Jersey eines anderen Teams aufzutreten, sieht einfach unprofessionell aus.

Torrichter*innen sind ein wichtiger Teil des Volunteer- und Schiedsrichter*innensquads eines Spiels und dementsprechend wichtig ist es, dass sie wissen was zu tun ist.

Editorial: "Goal Judges - Unsere Freunde und Helfer" ist ein Gastbeitrag von Richard Turkowitsch, Redakteur bei der Quidditch Post und beim Quicker, sowie Pressesprecher von Quidditch Austria und treuer Fan des Phoenix.